20 Minuten zur besten Sendezeit. Noch dazu an einem Feiertag. Für Judo-Austria-Headcoach Yvonne Snir-Bönisch und Antalya-Grand-Slam-Sieger Aaron Fara stand am Ostersonntag, kurz nach 18:30 Uhr, eine Kurzvisite am Küniglberg im ORF-Sport-am-Sonntag-Studio an. Wir haben die besten Quotes der Studio-Gäste sowie der ÖJV-Protagonisten im knapp fünfminütigen Intro-Beitrag zusammengefasst:
ÖJV-Headcoach Yvonne Snir-Bönisch über…
… die Wandlung von Aaron Fara: „Wir haben ihn immer als Trainingsweltmeister bezeichnet, dem im Wettkampf die mentale Stärke fehlt. Wir wussten auch, dass er nach Taschkent eigentlich aufhören wollte. Ja, er hat das öfter gesagt, aber diesmal hat er es ernst gemeint. Vielleicht hat er so für sich selbst ein bisschen an (eigenen) Erwartungsdruck rausgenommen, konnte endlich abliefern. Dass er es prinzipiell drauf hat, das wussten wir. Seit einem halben Jahr trainiert er wirklich mit vollem Einsatz, hat auch sein Training umgestellt. Das gilt besonders fürs Krafttraining – da hat ihm Michi Winkler einen neuen Plan erstellt. Dazu kommen ein paar neue Reize, wie Boxtraining beispielsweise. Bei Aaron darf nie Langeweile aufkommen, das ist wichtig. Speziell bei längeren Trainingslagern.“
… das Geheimnis der jüngsten Judo-Austria-Erfolge: „Die Teil-Zentralisierung auf der Gugl hat sicher geholfen. Wir trainieren seit 2021 wöchentlich mindestens drei Tage gemeinsam in Linz. Das schweißt uns zusammen. Die Stimmung ist richtig gut, wir versuchen, auf alle möglichst individuell einzugehen. Aaron beispielsweise mag es, wenn man ihm eine längere Leine – sprich gewisse Freiräume – lässt.“
… ihre Trainerqualitäten als erster weiblicher Headcoach auf der IJF-World-Tour: „Mein Geschlecht spielt im Trainerjob aus meiner persönlichen Sicht keine große Rolle, das würde ich als unerheblich einstufen. Was ich sagen kann: Ich liebe meinen (Trainer-) Job, übe ihn gerne aus. Mein Fokus liegt ganz klar darauf, dass meine Athlet:innen möglichst erfolgreich sind. Das ist mein oberstes Ziel und ich glaube, das sieht man auch und das kommt beim Team natürlich gut an!“
… die jüngste rot-weiß-rote Erfolgsserie: „Als ich im Jänner 2021 meinen Job angetreten bin, hat es geheißen: Wir wollen endlich wieder eine Medaille – bei Großevents wie Olympia, WM oder EM und auch auf der World-Tour bei Grand-Slam-Turnieren. Dass wir jetzt, im April 2023, mit zwei Olympia- und WM-Medaillen, einem Masterssieg und drei Grand-Slam-Goldmedaillen da stehen, macht uns als Trainerteam stolz. Damit war in dieser Form nicht zu rechnen!“
… die internationale Wahrnehmung des Judo-Teams Austria: „Sagen wir so: Es gibt uns wieder auf der Judo-Landkarte – und zwar im doppelten Sinne. Zum einen sind wir wieder richtig konkurrenzfähig, zum anderen gibt’s von 25. – 27. Mai nach über 20 Jahren mit dem OÖ-Grand-Prix in Linz endlich wieder ein World-Tour-Turnier. Judo Austria wird wahrgenommen, positiv wahrgenommen…“
… die Vorgabe für die WM in Doha (7. – 14. Mai): „Bis jetzt hieß es: Wir wollen mit mindestens einer Medaille zurückkommen. Vor WM-Bronze von Michi im Juni 2021 haben wir elf Jahre auf eine Medaille gewartet. Bei Olympia dauerte die Durststrecke noch länger. Jetzt, für Doha, ist unser Anspruch: Wir streben zwei Medaillen an. Wir haben 9 (Einzel-) Starter:innen, 4 davon – mit Michaela Polleres, Aaron Fara, Shamil und Wachid Borchashvili – dürfen sich realistischerweise Medaillenchancen ausrechnen. Bei Olympia 2024 in Paris hoffen wir auf 5, 6 Einzelstarter:innen.“
Aaron Fara, 25, JC Wimpassing Sparkasse/NÖ, Nr. 22 der Welt – 100 kg, Nr. 13 im Olympia-Ranking, über…
…Grand-Slam-Gold und -Silber in den letzten zwei Turnieren nach knapp vierjähriger Durststrecke: „Ich habe mir in Taschkent schon überlegt, wie ich am nächsten Tag Yvonne reinen Wein einschenken werde, dass ich einen Schlusstrich ziehen muss, nach all den Niederlagen und Misserfolgen, ein Weitermachen keinen Sinn mehr macht. Der Grand-Prix im Februar in Almada (POR) war der absolute Tiefpunkt. Ich war super in Form, habe dann aber elendig verloren, mir fällt kein anderes Wort ein, ELENDIG, das trifft es genau. Ich weiß, ich habe schon öfter gesagt, dass ich alles hinschmeiße. Aber diesmal war’s keine Story, sondern absoluter Ernst. Dass es am nächsten Tag dann so gut läuft, ich ins Finale einziehe, das war einfach nur verrückt. Damit habe ich selbst nicht mehr gerechnet.“
… neu gewonnene Stärken: „Ich geh‘ jetzt kompromissloser an die Sache heran. Das beginnt schon im Training. Ehrlich gesagt, mein Krafttraining war einfach dumm, ich habe nur darauf geschaut, dass mein Oberkörper noch kräftiger, breiter wird. Mit Michi Winkler habe ich mich jetzt eigentlich körperlich in jedem Bereich weiter entwickelt. Das hilft mir natürlich auch mental – ich bin stärker und fühle mich auch stärker.“
… familiäre Herausforderungen: „Das ist für mich ein zugegebenermaßen sehr emotionales Thema: Meiner Schwester und meiner Mama geht’s – nach zwei komplizierten Operationen – zum Glück wieder ein bisschen besser. Ich soll nicht zuviel darüber reden, hat Mama mich vor der Sendung gebeten. Der Heilungsprozess bei meiner Schwester gestaltet sich schwierig und langsam, sie absolviert sehr viele Physiotherapie-Einheiten. Bei Mama ist es leider auch ein holpriger Weg. Ich kann nur hoffen, dass es schrittweise besser wird, sie uns noch sehr lange (gesund) erhalten bleibt.“
… die Stimmung im ÖJV-Nationalteam: „Unsere Frauen, wie Michi, Magda, waren ja schon länger erfolgreich. Bei uns Männern ist mit der Stimmung nach Olympia sehr steil bergauf gegangen. Die Bronzemedaille von Shamil hat uns gezeigt, dass wir als Österreicher auch für WM-Medaillen gut sind. Das war zuvor lange Zeit nicht der Fall. Shamil hat bewiesen, dass wir erfolgreich sein können. Und wir sind alle sehr froh, dass Yvonne gekommen ist. Sie macht den Unterschied aus.“
… seine Stellung, seine Rolle im Team: „Ich glaube, ich bin der Geschichtenerzähler, der Spaßfaktor in der Truppe.“
… gestiegene Erwartungen für die WM in Doha: „Ich habe immer gesagt: Mein absoluter Traum wäre der WM-Titel und eine rote Rückennummer mit meinem Namen drauf. Mein konkretes Ziel ist, weiter so kompromisslos in die Kämpfe zu gehen.“
… die Kunst, trotz der Erfolge am Boden zu bleiben: „Wir müssen uns nur an der Michi (Michaela Polleres) orientieren, die zeigt vor, wie es geht. Was sie schon für Medaillen gewonnen hat und trotzdem extrem bodenständig und normal geblieben ist, das ist bemerkenswert. Alle Achtung!“
…. die Olympischen Spiele 2024 in Paris: „Vor einem Monat war Paris für mich kein Thema. Ich sah keine Chance. Jetzt habe ich in Taschkent und Antalya so viele Punkte gesammelt, dass es richtig gut aussieht. Ich würde mich extrem freuen, wenn ich dabei sein darf.“
Vize-Europameisterin Magdalena Krssakova über…
… das Training unter Yvonne Snir-Bönisch: „Sie weiß ganz genau, wie sie mit jedem von uns umgehen muss. Bei Aaron hat sie gewusst, er hat es drauf, er hat das Zeug für große Erfolge. Und sie hat ihm dieses Vertrauen gegeben, ihn nie fallen gelassen.“
… die unerwarteten Erfolge von Aaron Fara: „Aaron hat seine Rücktrittsgedanken sehr offen ausgesprochen, hat daraus absolut kein Geheimnis gemacht. Es ist schön zu sehen, dass er all diese Niederlagen gut weggesteckt hat. Er hatte eine wirklich harte, schwierige Zeit.“
… ihre Zimmerkollegin und Trainingspartnerin Michaela Polleres: „Sie wartet meistens ab, kämpft unglaublich ruhig und effizient. Wenn sie angreift, punktet sie dann meistens auch. Ich kenne kaum eine andere Athletin mit ihren Fähigkeiten. Michi ist einfach top.“
ÖJV-Präsident Martin Poiger über…
… die Eigenwahrnehmung (im Verband) der jüngsten Erfolge: „Yvonne schafft es, alle individuellen Charaktere zu einem gemeinsamen Team zu formen. Sie hat einen sehr analytischen Zugang und weiß aus eigener Erfahrung, was es für den Erfolg braucht. Das vermittelt sie auch.“
… das Bruderduell – 81 kg zwischen Shamil und Wachid Borchashvili: „Als Verbandspräsident hätte ich am liebsten in fast jeder Gewichtsklasse zwei Judoka, die sich ums Olympia-Limit streiten und gegenseitig pushen. Konkurrenz belebt das Geschäft. Als Team treten wir jetzt durch die jüngsten Erfolge natürlich selbstbewusster auf. Das Selbstvertrauen ist gestiegen. Wir wollen zwei WM-Medaillen in Doha – so forsch haben wir das im Vorfeld noch nie kommuniziert. Aber das ist durchaus realistisch, würde ich sagen.“
... die Russland-Frage – ob russische/weißrussische Athlet:innen bei der WM bzw. bei Olympia starten dürfen: „Diese Causa ist das schlimmste sportpolitische Dilemma, das wir in den letzten Jahren hatten. Ich verstehe beide Seiten – pro und kontra. Für das IOC und auch das ÖOC ist es nachvollziehbar, dass sie argumentieren, dass Sportler:innen nicht aufgrund ihres Passes diskriminiert werden dürfen. Aufs Judo umgemünzt: Putin war Judo-Ehrenpräsident, unser Sport hat viele Jahre von seiner Unterstützung profitiert. Alle russischen Judoka sind Armee- oder Polizei-Angehörige und haben solchermaßen eine große Nähe zu Putin. Also im Moment kann ich mir persönlich nicht vorstellen, dass sie bei der WM oder in Paris an den Start gehen. Aber die IJF hat noch keine Entscheidung getroffen.“