24. April 2023

Es braucht klare Vorgaben

ÖJV-Präsident Martin Poiger war gemeinsam mit Tennisverbandspräsident Martin Ohneberg und Schwimmverbandspräsident Arno Pajek zu Gast in der ORF-Studiosendung Sport am Sonntag. Das Präsidenten-Trio diskutierte über das Für und Wider der Teilnahme von russischen und weißrussischen Athlet:innen an internationalen Sportveranstaltungen (u.a. auch Qualifikationswettkämpfen für die Olympischen Spiele in Paris 2024). Ein polarisierendes Thema, das niemanden kalt lässt – die wichtigsten Zitate:

Martin Ohneberg, Präsident des Österreichischen Tennisverbandes (ÖTV), über…

… den Status-Quo im Tennis: „Bei (Einzel-) Turnieren sind russische und weißrussische Spieler:innen erlaubt, in den Teambewerben wie Davis- und Billie-Jean-Cup nicht. Einzige Ausnahme war Wimbledon im letzten Jahr, da gab’s ein Startverbot für RUS und BLR. In diesem Jahr dürfen russische und weißrussische Athlet:innen auch in Wimbledon spielen, da gab’s einen Kurswechsel. U.a. wohl auch deshalb, weil es im Vorjahr diverse Klagen der betroffenen Spieler:innen gab.“

…. die Starterlaubnis für Olympia: „Meiner Meinung nach sollten Russen und Weißrussen in Paris starten dürfen. Der verbindende Gedanken von Olympia, das friedliche Miteinander, sollte im Vordergrund stehen. Wenn man dem Sport die Freiheit nimmt, das selbst zu entscheiden, wäre das traurig. Die Politik sollte sich – wenn möglich – nicht zu viel einmischen. Wir sollten nach Lösungen suchen, wie man es schafft, auch einzelnen russischen und weißrussischen Athlet:innen unter gewissen Bedingungen den Start zu ermöglichen. Das ist für mich der Ansatz – nicht, dass wir nur darüber nachdenken, wer ausgeschlossen werden sollte. Dazu gibt es weltweit leider zu viele Konflikte und Kriege. Was im Tennis noch dazu kommt: Viele russische oder weißrussische Spieler:innen leben schon lange im Ausland, warum sollte man die bestrafen?“

… die Vergabe von Einreisegenehmigungen: „Dieses Problem wird es im Rahmen der Qualifikationswettkämpfe mit Sicherheit geben. Wir hatten das im Tennis öfter – siehe Djokovic in Australien. Aber für Paris 2024 sollte sich dieses Problem lösen lassen. Ich hoffe, dass das IOC bald eine Entscheidung fällt und klare Bedingungen für einen etwaigen Start von Russ:innen/Weißruss:innen definiert. Das wäre im Sinne der olympischen Idee.“

Arno Pajek, Präsident des Österreichischen Schwimmverbandes (OSV), über…

… die aktuelle Situation im internationalen Schwimm-Zirkus: „Der Internationale Schwimmverband hat sich Bedenkzeit erbeten und evaluiert, wird sich aber im Zweifel der IOC-Position für eine Öffnung anschließen. Der Europäische Schwimmverband ist hingegen ganz klar gegen eine Teilnahme russischer oder weißrussischer Sportler:innen. Es handelt sich um einen Angriffskrieg und eine Weltmacht – das kann man nicht ignorieren.“

… das Dopingthema: „Unsere Sportler:innen haben klare Vorbehalte – in Russland wurde seit Monaten nur intern kontrolliert – ohne internationale Kontrolle. Da könnten manche dopen, bis ihnen das Doping (-mittel) aus den Ohren staubt. Das ist definitiv unfair.“

… Nachteile für ukrainische Athlet:innen: „Manche von ihnen sind an der Front gestorben, andere können nicht wie gewohnt trainieren. Das ist speziell für den Nachwuchs fatal. Also von Chancengleichheit lässt sich nicht sprechen.“

Martin Poiger, Präsident des Österreichischen Judoverbandes (ÖJV, Judo Austria), über…

… die bevorstehende Judo-WM in Doha (7. – 14.5.): „Die IJF hat noch keine Entscheidung getroffen. Die Nennfrist läuft bis 29.4. Für uns im Judo ist klar: Für uns ist Olympia das Karrierehighlight schlechthin. Nirgendwo sonst haben wir eine ähnliche Aufmerksamkeit. Der Stellenwert für Sportler:innen ist enorm. Also es ist nicht zu erwarten, dass wir uns klar gegen das IOC stellen. Natürlich ist die Russland-Frage vielschichtig zu sehen. Der Einwand der Vereinten Nationen, ein Ausschluss würde gegen die Menschenrechte verstoßen, weil man Personen für ihre Herkunft nicht sanktionieren darf, ist nicht einfach vom Tisch zu wischen. Andererseits ist es schwierig zu entscheiden: Darf ein Judoka, der beim Militär angestellt ist, starten oder nicht? Der trainiert eigentlich nur, ist von der Front sehr weit weg und unterstützt auch nicht notwendigerweise das Regime. Bleibt die Dopingfrage: Unsere Athlet:innen werden ohne Vorwarnung getestet, russische/weißrussische seit mehr als 15 Monaten nicht – oder nur unter russischer Aufsicht. Unter Chancengleichheit verstehen wir was anderes.“

… die besondere Situation im Judo: „Vladimir Putin hat seine Nähe zum Judo oft dokumentiert. Der russische Verband ist größtenteils mit Leuten aus seinem Einflussbereich besetzt. Das lässt sich nicht leugnen.“

… die IOC-Entscheidung für Paris 2024: „Im Judo versteht man nicht, warum das IOC für Paris noch keine Entscheidung getroffen hat und weiter auf Zeit spielt. Unsere Qualifikation läuft auf Hochtouren. Bis auf ein Turnier waren die Russ:innen/Weißruss:innen immer ausgesperrt. Wir bräuchten bald Klarheit.“


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