Letzte Woche im Olympia-Trainingszentrum der Niederlande in Papendal, diese Woche auf Trainingslager im Centro de Alto Rendimiento de Judo in Valencia (ESP) – gemeinsam mit 550 AthletInnen aus 30 Nationen. Top-Teams wie Deutschland, Gastgeber Spanien und Israel sind mit ihren WM-StarterInnen angereist, so auch der ÖJV. „Die Auswahl der Randori-Gegnerinnen könnte nicht größer sein, die Bedingungen sind top. Nur die Hitze – in der Halle und auch draußen – macht mir zu schaffen. Gefühlt sterbe ich pro Training zumindest einmal“, ächzt Olympia-Silbermedaillengewinnerin Michaela Polleres, um dann hinzuzufügen: „Meine Form wird von Tag zu Tag besser. Ich bin auf einem guten Weg.“ Headcoach Yvonne Bönisch spricht im JUDO-AUSTRIA-Interview über Trainingsfortschritte, das bevorstehende World-Tour-Event in Oberwart und die WM im Oktober in Taschkent (UZB).
Yvonne, aufgrund der großen Anzahl von AthletInnen beim Trainingslager in Valencia trainieren Frauen und Männer getrennt. Für Dich heißt das: Du stehst zweimal am Vormittag und zweimal am Nachmittag in der Halle – mehr als 8 Stunden. Wie sehr geht das an die Substanz?
Yvonne Bönisch: „Wir sind zum Glück zu zweit, mein Trainerkollege Robert Krawczyk und ich. Das hilft, wir betreuen insgesamt neun AthletInnen – darunter mit Magdalene Krssakova eine, die aufgrund ihrer Schulter-OP eine Sonderbehandlung benötigt. Der freie Nachmittag am Dienstag kam für uns genau zur rechten Zeit, da konnten nicht nur die SportlerInnen sondern auch wir ein bisschen abschalten. Wir haben es für einen Ausflug in die Innenstadt von Valencia genutzt – trotz der Affenhitze.“
Robert Krawczyk war wie Du ein Weltklasse-Athlet, ist jetzt Top-Coach. Wie funktioniert ihr als Team?
Bönisch: „Perfekt – das ist keine Übertreibung. Wir sprechen auf und abseits der Matte die selbe (Judo-) Sprache, ergänzen uns ausgezeichnet. Es macht wirklich Spaß mit ihm zu arbeiten – sein Engagement ist ein Riesengewinn für Judo Austria.“
Wie zufrieden bist Du mit der aktuellen Form der WM-StarterInnen?
Bönisch: „Bei Michaela (Polleres) sieht man, wie sehr ihr aufgrund der Verletzungspause der direkte Vergleich mit der internationalen Konkurrenz gefehlt hat. Letzte Woche in Papendal hat sie sich im Randori-Training mitunter noch gequält, in dieser Woche ist sie schon viel stärker. Auch bei Shamil (Borchashvili) geht’s steil bergauf. Er ist extrem konzentriert und unglaublich fit. In den letzten Wochen haben wir sehr viel an taktisch-technischen Faktoren gearbeitet, bei ihm konzentrieren wir uns darauf, dass er gegen Rechtsausleger weniger ausrechenbar und damit gefährlicher wird. Generell bin ich mit der Form unserer WM-StarterInnen sehr zufrieden – der WM-Fahrplan stimmt.“
Für Magdalena Krssakova kommt die WM nach der Schulter-OP noch viel zu früh. Wie macht sie sich im Trainingslager?
Bönisch: „Magda findet in Valencia und ab nächster Woche im Bundesstützpunkt Linz perfekte Bedingungen für ihre Therapie vor. Sie kann längst wieder laufen, die Beweglichkeit der Schulter wird zusehends besser. Es tut ihr gut, nach zweimonatiger Pause zurück im geregelten Sportlerinnen-Alltag angekommen zu sein. Ein Wettkampf-Comeback wird’s wahrscheinlich erst 2023 geben. Da ist Vorsicht und Geduld gefragt.“
Am 3. und 4. September findet in Oberwart das zur World Tour zählende European Open statt. Wie wichtig ist dieses Turnier für die 35 heimischen StarterInnen?
Bönisch: „Sehr wichtig, für unsere WM-TeilnehmerInnen ist es eine Formüberprüfung für die WM, für den Rest eine wichtige Standortbestimmung. Wir werden jedenfalls nach Valencia mit der Trainingsintensität deutlich zurückfahren. Erfreulich ist, dass für Oberwart bereits mehr als 300 StarterInnen aus 36 Nationen genannt haben, darunter 6 OlympiasiegerInnen. Weltklasse-Judo dieser Güte sieht man in Österreich nicht alle Tage…“
Mit welchem Gefühl siehst Du der WM in Taschkent (6. – 13. Oktober 2022) entgegen?
Bönisch: „Mit einem sehr guten… Natürlich schmerzen die verletzungsbedingten Ausfälle von Magdalena Krssakova und Stephan Hegyi. Auch Bernadette Graf wird die WM vermutlich auslassen, um sich bzw. ihren Rücken zu schonen. Die endgültige Entscheidung treffen wir nach Oberwart. Michaela Polleres und Shamil Borchashvili werden um Medaillen mitkämpfen. Dazu sollten wir noch die ein oder andere Platzierung einfahren. Wer bei der WM vorne landet, der sammelt wichtige Punkte für die Olympia-Qualifikation (für 2024).“