30. April 2022

Diskussionen beleben das Geschäft

Roland Poiger ist einer von insgesamt 14 Referees bei den Judo-Europameisterschaften in Sofia. An den ersten beiden Tagen war der Burgenländer einer von fünf Judges auf Matte eins. Auch die ersten Finaleinsätze hat der IJF-A-Lizenz-Kampfrichter bereits hinter sich. JUDO AUSTRIA bat Roland Poiger zum Kurz-Interview.

Wie haben sich aus Referee-Sicht die neuen Regeln bewährt? Bist Du zufrieden?

Roland Poiger: „Die Regeländerungen wirken sich definitiv positiv aus – das lässt sich klar sagen. Wichtigster Aspekt: Die Athletinnen greifen schneller, lösen den Griff seltener und taktieren weniger. Das ist im Sinne des Sports und macht die Kämpfe attraktiver.“

Die Diskussionen über Schiedsrichter-Entscheidungen sind auch in Sofia an der Tagesordnung – auf Instagram und Facebook gab’s nach dem Semifinale in der -60 kg heftige Debatten. Verstehst Du die Aufregung?

Poiger: „Diskussonen gehören zum Geschäft, die hat’s vor den Regeländerungen gegeben, die gibt’s nach wie vor. Im konkreten Fall hätte man – bei besonders strenger Auslegung – beide Kämpfer, den späteren Europameister Francisco Garrigos und den Georgier Lukhumi Chkhvimiani, disqualifizieren können. Die Aktionen waren am Rande der Verletzungsgefahr. Aus neutraler Sicht ist Garrigos sicher ein würdiger Champ.“

Was hat sich noch verändert – aus Referee-Sicht?

Poiger: „Auch die Wertungen sind jetzt eindeutiger – wenn der Geworfene im 90-Grad-Winkel auf der Seite oder noch weiter am Rücken landet, ist ein Waza-ari zu geben. Egal, wo der Ellbogen (vor dem Bauch oder hinter dem Rücken) zu liegen kommt. Das macht uns Judges das Leben leichter.“

Wie bewertest Du das Niveau der Kämpfe?

Poiger: „Da besteht kein Unterschied zur World-Tour, im Gegenteil. Die Stimmung in der Halle ist gerade bei Kämpfen mit bulgarischer Beteiligung richtig heiß. Ich glaube, die ZuschauerInnen kommen auf ihre Rechnung.“

Wie würdest Du Deine eigene Leistung bewerten? Bereust Du eine Entscheidung?

Poiger: „Bis jetzt hatte ich kaum strittige Entscheidungen, stattdessen viele glasklare Ippons. Das war relativ leicht – ich bin mir keines Fehlers bewusst.“

Anders gefragt: Wann ist Dir der letzte Fehler passiert?

Poiger: „Fehler passieren, du hast nicht immer den besten Sichtwinkel. Beim Grand-Slam in Paris, da wurde eine Ippon-Entscheidung von mir revidiert – zu Ungunsten einer Französin. Da wäre ich im ersten Moment am liebsten im Erdboden versunken. 15.000 ZuschauerInnen haben getobt.“

Dein Bruder Martin ist ÖJV-Präsident und EJU-Generalsekretär. Zählt er zu Deinen Kritikern?

Poiger: „Er war selbst viele Jahre Wettkampf-Judoka und weiß, wovon er redet. Zum Glück hat er ja in der Regel auch nicht viel Zeit, sich die Kämpfe in aller Ruhe anzuschauen.“


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