31. März 2022

Eine Frage der Ehre

Das ukrainische Judo-Nationalteam gastiert auf Einladung des Österreichischen Judoverbandes im BSFZ Südstadt und bereitet sich zwei Wochen lang auf die Europameisterschaft in Sofia Ende April vor. Die Delegation umfasst 15 Personen, darunter 9 AthletInnen – allen voran Artem Lesiuk (-60), zuletzt Sieger beim Grand-Slam-Turnier in Tel Aviv (ISR), und Yakiv Khammo (+100), seines Zeichens Olympia-Fünfter und WM-Dritter. „Letzte Woche kam die Anfrage, ob wir helfen können. Wir haben umgehend Ja gesagt, stellen ihnen Unterkunft, Trainingshalle und Verpflegung zur Verfügung – das ist in diesen Tagen eine Selbstverständlichkeit“, betont ÖJV-Präsident Martin Poiger.

Seit 24. Februar leben sie im absoluten Ausnahmezustand. Manche kamen direkt aus dem Kriegsgebiet, andere reisten von einem Trainingslager in Italien an. Bis zur EM in Sofia konzentriert sich das ukrainische Judo-Männer-Nationalteam so gut es geht auf sportliche Belange, danach ist alles offen. „Unsere Ausnahmeregelung für Wettkämpfe und Training gilt nur bis Anfang Mai. Dann wissen wir noch nicht, was passiert“, gesteht Nationalteam-Coach Quedjau Nhabali. „Ich war bis letzte Woche noch selbst im Kriegsgebiet, in Kiew und Umgebung. Wir haben als Judoka alte Menschen betreut, ihnen bei der Beschaffung von Essen und Medikamenten geholfen. Dazu haben wir auch versucht, unsere Familien in Sicherheit, sprich in den Osten des Landes, zu bringen“, erzählt der 31-Jährige.

„Wir sind natürlich dankbar und erleichtert, dass wir trainieren und an der EM teilnehmen dürfen. Das ist das, was wir am besten können“, erzählt Artem Lesiuk. Vor Beginn der Invasion, Mitte Februar, feierte er in Tel Aviv seinen ersten Grand-Slam-Erfolg. Die letzten zwei Wochen hat er kaum bis gar nicht trainiert. „Wir waren mit anderen Dingen beschäftigt. Erst jetzt, in der Südstadt, können wir uns auf die EM in Sofia konzentrieren. Das Training hier hilft uns, langsam wieder in Form zu kommen“, meint der 25-Jährige. Anfang der Woche konnte Ehefrau Alla, ebenfalls Judoka, nach Österreich nachkommen. „Das beruhigt ungemein. Jetzt weiß ich, dass sie in Sicherheit ist und es ihr gut geht. Das Training hilft uns beiden, die Geschehnisse in der Ukraine ein bisschen besser verarbeiten zu können. Natürlich lenkt es auch ein bisschen ab. Sonst würden wir den ganzen Tag Nachrichten schauen und mit der Heimat telefonieren.“

Ob er sich Hoffnung auf eine EM-Medaille macht? „Es wäre schön. Das würden sie zu Hause sicher als Erfolg werten. Aber wichtiger ist, dass es meinen Eltern gut geht.“


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