ÖJV-Ausnahmeathletin Sabrina Filzmoser sitzt im Innenraum der Altice-Arena in Lissabon und schreit sich die Seele aus dem Leib. „Aufpassen. Konzentriert bleiben“, ruft sie ihrem Klubkollegen Shamil Borchashvili zu. 4 Minuten später ist der Spuk vorüber. Enttäuschendes Fazit des zweiten EM-Wettkampftages: 4 ÖJV-Judoka am Start, alle 4 vorzeitig out.
Seit 2012 hat Österreich bei jeder EM zumindest eine Medaille geholt. Jetzt stehen wir vor dem Schlusstag ohne Edelmetall da. Wie bitter ist diese Bilanz?
Sabrina Filzmoser: „Zugegeben, wir sind enttäuscht, haben uns von der EM an den ersten zwei Wettkampftagen definitiv mehr erwartet. Aber solche Tage passieren eben. Heuer hat definitiv Olympia Vorrang. Wir müssen im Juli abliefern, nicht zwingend jetzt.“
Michaela Polleres hat in Lissabon zum vierten Mal in Folge gegen Anka Pogacnik verloren. Die Slowenin ist nur die Nr. 32 der Welt. Wie lässt sich das erklären?
Filzmoser: „Im Judo kann das jeder/jedem passieren – auch mir ist das im Laufe meiner Karriere öfters passiert. Meine wahrscheinlich größte Angstgegnerin war die Französin Automne Pavia, gegen sie habe ich in 9 Duellen achtmal verloren und habe mich noch dazu gegen sie mehrmals verletzt. Wichtig ist, dass man auch in der Krise nie sein Ziel aus den Augen verliert. Michaela wird in Tokio voraussichtlich unter den Top-4 gesetzt sein. Dort muss sie abliefern. Diese vier Niederlagen in den letzten Monaten wird sie verdauen, da bin ich ganz sicher.“
Auch Vize-Europameisterin Magdalena Krssakova hatte – gemäß der Papierform – eine leichte Gegnerin. Hat sie sich was vorzuwerfen?
Filzmoser: „Magdalena war in den letzten Wochen und Monaten enorm stark und konstant. Manchmal will sie ihre Siege noch erzwingen. Im konkreten Fall war’s ein Konzentrationsfehler. Auch das kommt in den besten Familien vor, das braucht man nicht zu dramatisieren. Magdalena gehört bei der WM und bei den Olympischen Spielen zu den Medaillenkandidatinnen. Das steht für mich außer Frage.“
Shamil Borchashvili feierte zwei Siege, musste sich dann Weltmeister Sagi Muki geschlagen geben. Auch er hatte sich mehr erwartet, oder?
Filzmoser: „Letztes Mal hatte er Sagi Muki am Rande einer Niederlage. Diesmal war der Israeli gewarnt und hat sehr clever gekämpft. Shamil hat gut dagegen gehalten, war vielleicht in ein paar Situation nicht abgebrüht genug! Das ist gegen die Nummer 2 der Weltrangliste kein Malheur. Man darf die heutigen Ergebnisse nicht überbewerten. Solche glücklosen Tage passieren eben. Ich bin überzeugt: Bei der WM und bei Olympia schlagen wir zurück.“
Du willst Deine Karriere bei den Olympischen Spielen in Tokio mit Deiner 4. Olympia-Teilnahme beenden. Wie läuft Dein persönlicher Olympia-Countdown?
Filzmoser: „Natürlich war ich im ersten Moment über meine Niederlage gegen die spätere Europameisterin Telma Monteiro enttäuscht. Umso mehr, weil mir eine Waza-ari-Wertung aberkannt wurde. Das war aus meiner Sicht eine Fehlentscheidung. Ein Sieg lag im Bereich des Möglichen. Meine Formkurve stimmt, mein Selbstvertrauen steigt mit jeder Turnierteilnahme. Ich will meine letzten vier Monate als Judoka richtig genießen. Ich gehe ,all in´wie man so schön sagt. Wir werden sehen, was am Ende rauskommt. Ich kann mir jedenfalls nicht vorwerfen, dass ich nicht Alles probieren würde. Ich freue mich auf meine letzte WM und meine 4. Olympischen Spiele.“