30. Juli 2022

Vorzeige-Event

Martin Poiger ist in zweifacher Funktion bei den Europäischen Olympischen Jugendspielen in Banská Bystrica (SVK) im Einsatz: In erster Linie in seinem Brotberuf als Generalsekretär der Europäischen Judo Union, in zweiter Linie als (ehrenamtlicher) Präsident des Österreichischen Judoverbandes. Der 45-jährige Burgenländer spricht im JUDO-AUSTRIA-Interview über seine Eindrücke und Erfahrungen der letzten Tage.

Wie zufrieden ist der Österreichische Judoverband mit der Ausbeute beim European Youth Olympic Festival (EYOF)?

Martin Poiger: „Wir sind wie bei den Olympischen Spielen in Tokio vor einem Jahr auch im Nachwuchs mit zwei Medaillen der erfolgreichste heimische Sommer-Sportfachverband. Das ist natürlich erfreulich, umso mehr wenn man bedenkt, dass mit Lisa Tretnjak (-63) und Issa Naschcho (-73) noch zwei fünfte Plätze dazu kamen. Insgesamt 22 von 43 Ländern, die an den Judobewerben teilgenommen haben, fahren mit Edelmetall heim. Österreich findet sich in dieser Liste auf Platz 16 wieder – mit 1 x Silber, 1 x Bronze, noch vor Ländern wie Deutschland, Großbritannien, Polen, Portugal oder der Schweiz. Das freut uns…“

…aber?

Poiger: „Eigentlich geht’s beim EYOF in erster Linie darum, dass der Nachwuchs möglichst viele Erfahrungen sammelt und sich auf internationaler Bühne (Schritt für Schritt) einzuschätzen lernt. Statistisch lässt sich das belegen: Seit der Einführung der Europäischen Olympischen Jugendspiele im Jahre 1991 haben rund 45.000 SommersportlerInnen erste olympische Erfahrungen gesammelt. Nur ein einziger Judoka, der Grieche Iias Iliadis, hat’s dann auch zu traditionellem Olympia-Gold geschafft. Auf Österreich umgelegt haben unsere aktuellen Stars, außer Shamil Borchashvili, alle EYOF- oder YOG (OIympische-Jugendspiel-) Erfahrung. Auch der Spaß (am Sport) sollte in dieser EYOF-Woche nicht zu kurz kommen. Wer unser Team am Samstag im Mixed-Team-Bewerb gesehen hat, der kann bestätigen: Der Charakter unseres Teams stimmt, die interne Stimmung war Eins-a, der Ehrgeiz hätte größer nicht sein können. Bestes Beispiel: Elena Dengg war unglücklich, weil sie den Titel verpasst und ,nur‘ Silber geholt hat. Die Salzburgerin – sie feiert nächste Woche ihren 18. Geburtstag – hat soeben ihre Grundausbildung beim Bundesheer abgeschlossen. Am Montag übersiedelt sie von den EYOF mehr oder weniger direkt in den ÖJV-Bundesstützpunkt Linz, dort wo alle unsere Top-Asse wie Michaela Polleres und Shamil Borchashvili trainieren. Elena ist sich bereits sicher, dass sie Leistungssportlerin werden will. Sie hat die richtige Einstellung. Die Silbermedaille von Banká Bystrica wird ihr einen Motivationsschub und Selbstvertrauen geben.“

Was hat Dir in der Slowakei noch gefallen?

Poiger: „Durch die rot-weiß-rote Brille gesehen: Die Bronzemedaille von Tanzila Muntsurova. Der 18-jährigen Oberösterreicherin fehlte die notwendige Qualifikationsnorm, weil sie in ihrer normalen Gewichtsklasse, bis 48 kg, mit ihrem Normalgewicht von 43 kg noch körperlich zu schwach ist. Um international Erfahrung sammeln zu können, haben unsere Nationaltrainer (Martin Grafl, Bernhard Weißsteiner) ihr angeboten, – 44 kg zu starten. Dass es dann gleich zu Edelmetall reicht, ist umso schöner. Auch für Tanzila gilt: Sie hat gesehen, dass sie international mithalten kann. Auch sie ist ein Versprechen für die Zukunft. Das gilt natürlich auch für EM-Bronzemedaillengewinner Ronald Pröll, der diesmal leer ausging.“

International gesehen, wie sieht die Bilanz der Europäischen Judo Union aus?

Poiger: „Wir nehmen den Nachwuchs zu 100 Prozent ernst. Entsprechend professionell war das Event-Umfeld. Die EJU reiste mit 20 MitarbeiterInnen und 12 KampfrichterInnen zu den Jugendspielen. Wir haben 40 Stunden – auf 3 Kanälen – Live-Streaming angeboten. 297 Nachwuchs-Judoka aus 43 Nationen sind angetreten. Die Halle war jeden Tag mit 800 Zuschauern restlos gefüllt. Und zwar ab 10 bis 18 Uhr. Das hat man in dieser Form bei keiner anderen Sportart gesehen. Der Präsident der Europäischen Olympischen Komitees, Spyros Kapralos, war 3 x in der Halle. Das zeigt den Stellenwert des Europäischen Judos. Ich hab’s vorher schon erwähnt: Nicht weniger als 22 Nationen haben zumindest ein Top-3-Resultat vorzuweisen. Das spricht für die entsprechende Breite. Dass die Niederlande und die Ukraine im Medaillenspiegel mit je 3 Goldenen ganz vorne liegen, hat uns nicht überrascht. In diesen Ländern wird hervorragende Nachwuchsarbeit betrieben.“

Copyright: European Judo Union/Carlos Ferreira


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