4. März 2023

Gemischte Bilanz

Eigentlich müsste ÖJV-Headcoach Yvonne Snir-Bönisch (fast) im siebenten Himmel schweben, nach dem zweiten Grand-Slam-Wettkampftag in Taschkent, tatsächlich ist die Stimmung der Olympiasiegerin ein wenig getrübt. JUDO AUSTRIA hat nachgefragt.

Yvonne, wie sieht deine Bilanz nach Tag zwei in Taschkent aus. Gold durch Michi Polleres und Silber durch Shamil Borchashvili, dazu noch der fünfte Rang von Bruder Wachid, du kannst mit dem heutigen Samstag wirklich zufrieden sein, oder?

Yvonne Snir-Bönisch: „Meine Stimmung ist durchaus getrübt: Die Verletzung von Stephan Hegyi, der aus Taschkent vorzeitig abgereist ist, kommt zum wirklich ungünstigsten Zeitpunkt. Es steht zu befürchten, dass er länger ausfallen wird. Am Montag werden wir mehr Klarheit haben. Auch bei Katharina Tanzer (-48 kg) wissen wir noch nicht, wie lange sich die Rehabilitation nach ihrer Hüftverletzung hinzieht. Kurz gesagt: Aktuell gibt es leider einige Wermutstropfen, die uns zusetzen. Unser großes Ziel lautet: Wir wollen nach Paris 2024 (zu den Olympischen Spielen) mit einem Mixed-Team, das geht aber nur, wenn der Großteil des Teams verletzungsfrei bleibt. Letztes Jahr hatten wir mit Magdalena Krssakova und Stephan Hegyi zwei Langzeit-Ausfälle. Wäre schade, wenn es heuer in dieser Tonart weitergeht… Aber zurück zu deiner Frage: Was Michaela (Polleres) angeht, ist alles top. Der Masters-Sieg in Jerusalem unmittelbar vor Weihnachten hat ihr nochmals einen Leistungssprung ermöglicht. Sie ist jetzt noch selbstbewusster und taktisch sehr ausgereift. In der Kategorie bis 70 kg gibt es bekanntlich keine, die wie sie zwischen Rechts- und Linksauslage wechseln kann. Doppel-Weltmeisterin Barbara Matic war heute richtiggehend ratlos und Michaela echt abgezockt. Sie hat sehr souverän gekämpft. Der Fahrplan für die WM im Mai in Doha stimmt jedenfalls. Wenn es bei den nächsten Turnieren (wie im April in Antalya) in dieser Tonart weitergeht, ist auch Platz eins in der Weltrangliste keine Unmöglichkeit mehr. Shamil fehlt so ein Sieg auf höchster Ebene noch, er hat jetzt drei Grand-Slam-Finale erreicht und wartet nach wie vor auf die Goldmedaille. Es geht um ein paar Kleinigkeiten. Er hat zuletzt taktisch sehr viel gearbeitet – sein Kampfstil war heute schon sehr viel variabler als zuvor. Aber noch braucht es seine Zeit, bis er das Neuerlernte dann auch in einem Finale auf Knopfdruck umsetzen kann. Im Kampf um Gold ist ihm ein bisschen die Luft ausgegangen… Aber prinzipiell zeigt Shamil, dass er nicht umsonst ein Top-10-Mann ist, der zur absoluten Weltklasse zählt. Medaillen sind für ihn immer möglich.“

Die größte Überraschung am Samstag war wohl Bruder Wachid (Borchashvili, 24 Jahre alt) und sein fünfter Platz. Wie ist seine Leistung zu bewerten?

Snir-Bönisch: „Wachid war heute richtig gut. Es ist schön zu sehen, dass er sich in seiner angestammten Gewichtsklasse wohler fühlt als in der Kategorie – 90 kg. Sein Kampfstil in der niedrigeren Klasse ist ungleich schneller und attraktiver. Er hat mir heute den ganzen Tag richtig gut gefallen. Es wäre sogar noch mehr möglich gewesen: Beide Niederlagen (gegen den späteren Sieger Attila Ungvari/HUN und gegen Somon Makhmadbekov/TJK) wären vermeidbar gewesen, Wachid war für mich in beiden Duellen der bessere Kämpfer. Schade, dass er sich nicht mit einer Medaille belohnen konnte. Aber mit dem fünften Rang hat er sein WM-Ticket für Doha sicher.“

Nicht nach Erfolg lief es in der Kategorie bis 63 kg: Magdalena Krssakova, sie feierte am Freitag ihren 29. Geburtstag, und Lubjana Piovesana verloren jeweils ihre Auftaktkämpfe gegen die Nummer 3 bzw. die Nr. 8 des Turniers. Wie geht’s bei den beiden weiter?

Snir-Bönisch: „Sie brauchen Geduld und möglichst viele Kämpfe. Magdalena hat die Vize-Weltmeisterin von 2021 (Andreja Leski/SLO) die ganze Zeit über im Griff gehabt. Dann hat sie einen Moment lang nicht aufgepasst – ein Fehler, der zuletzt öfters vorkam. Lubjana musste zwei Jahre auf die Staatsbürgerschaft warten, ihr fehlt die Wettkampfpraxis. Wahrscheinlich schicken wir ,Lulu´ nächste Woche zu den European Open nach Rom. Bei den Grand Slams in Tiflis und Antalya werden beide wieder am Start stehen. Es wäre an der Zeit, wenn beide endlich auch mal ein bisschen Losglück haben.“


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