19. November 2023

Gestiegene Ansprüche

Martin Poiger durfte in doppelter Hinsicht zufrieden aus Potsdam (GER) nach Hause reisen. Als EJU-Generalsekretär konnte er sich über knapp 9.000 Fans an drei Wettkampftagen und eine herausragende Stimmung freuen. Der Mixed-Team-Sieg der Gastgeber und die erfolgreiche Titelverteidigung von Samira Bock ließen die MBA-Arena kopfstehen. Die 20-jährige Heim-EM-Abstinenz sorgte anfangs für einige organisatorische Hoppalas, am Ende war Judo-Deutschland rundum zufrieden und lag im Freudentaumel. Der ÖJV-Präsident Martin Poiger ließ kurz das Judo-Jahr 2023 Revue passieren. Der Oberwarter über…

die Unter-23-EM in Potsdam aus organisatorischer und sportlicher Sicht: „Es war die erste Judo-EM in Deutschland seit 2003. Die sportliche Infrastruktur im Olympiazentrum samt MSB-Arena ist sensationell, da wird man als Österreicher neidisch – nicht umsonst verfügt die 185.000-Einwohnerstadt über 130 Olympia-Medaillengewinner:innen und 73 Olympiasieger:innen – unser Headcoach Yvonne Snir-Bönisch ist eine der Olympiasiegerinnen. Die Halle war an allen drei Wettkampftagen nahezu ausverkauft. Die Stimmung am Samstag und Sonntag, als die Deutschen 2 x Gold, 1 x Silber und 2 x Bronze holten, war einfach sensationell. Auch mein ÖJV-Herz hatte Grund zur Freude: Zum einen, wenn man sieht wie Yvonne Snir-Bönisch als Potsdamerin hier von der Judofamilie verehrt wird, zum anderen über die Regelmäßigkeit, mit der eine (zuletzt oft verletzte) Lisa Grabner im Nachwuchs für EM-Medaillen sorgt. Schön war überdies, mit welcher Selbstverständlichkeit sich unser neuer Junioren-Nationalcoach Jaromir Jezek, ein ehemaliger Europameister, ins Betreuerteam integriert hat.“

… das internationaler Judo-Jahr 2023 aus Judo-Austria-Sicht: „Es war ein historisches Jahr: Michaela Polleres ist in den heimischen Judo-Olymp aufgestiegen – mit ihrer zweiten WM-Medaille (in Bronze). Dabei hatte sie eigentlich ein durchwachsenes Jahr, mit vielen kleinen Verletzungen. Aber wenn’s darauf ankommt, dann kann sie mit ihrem Willen förmlich Berge versetzen. Von Michi darf man sich auch 2024 in Paris viel erwarten – unter der Voraussetzung, dass sie fit antreten kann. Weitere Erfolgsfakten: Wir haben 4 World-Tour-Turniere gewonnen, nicht weniger als sieben ÖJV-Judoka standen in diesem Jahr auf einem IJF-Tour-Podium. Dazu gab’s ein paar Newcomer, allen voran Thomas Scharfetter, die sich mit Top-Resultaten in die Nähe der Olympia-Fixplätze gekämpft haben. Neu in der absoluten Weltklasse sind Lubjana Piovesana (GB-Import), Wachid Borchashvili und Aaron Fara. Nicht zu vergessen: Aktuell wären wir erstmals für den olympischen Mixed-Team-Bewerb qualifiziert. Noch läuft die Qualifikationsfrist mehr als sechs Monate. Gerade in den leichten Gewichtsklassen brauchen wir noch ein paar Top-Resultate, um diesen Status halten zu können. Anders formuliert: Derzeit zählen wir zu den besten 18 Judo-Nationen der Welt – im Kreis von Japan, Frankreich, Italien, Georgien usw. Sportlicher Wermutstropfen: Dass wir zum bereits 2. Mal hintereinander bei einer Europameisterschaft ohne Medaille geblieben sind. Unsere Ansprüche sind in den letzten Jahren stark angestiegen – eine Medaille pro Großveranstaltung ist das Minimalziel.“

… das Heimturnier in Linz (nächste Auflage im März): „Der GP-Status bringt uns viele Top-Asse nach Oberösterreich, andererseits sind dadurch die finanziellen Herausforderungen gestiegen. Rein sportlich und imagemäßig haben wir vom World-Tour-Heimturnier unglaublich profitiert. Doppel-Olympiasieger Lukas Krpalek und Ex-Weltmeisterin Anna-Maria Wagner haben unserem Turnier (verbale) Rosen gestreut. Dazu hatten wir mit Shamil Borchashvili einen Turniersieger in unseren Reihen. Thomas Scharfetter und Florian Doppelhammer konnten überraschen. Wir freuen uns auf März, erwarten uns in der heißen Phase der Olympia-Qualifikation ein extrem starkes Teilnehmerfeld.“

… nachkommende Talente: „Wir haben ausreichend viele Talente, die sich gut entwickeln. Das hat uns zuletzt auch Neo-Coach Jaromir Jezek bestätigt. Was mir ein bisschen Sorgen macht: Die Burschen haben im Kadetten- und Junioren-Bereich bei den Top-Turnieren (EM, WM) ausgelassen. Klar ist: Das Hauptaugenmerk legen wir darauf, dass sich unsere Talente langfristig auf der World-Tour etablieren – das zählt am meisten. Aber natürlich wollen wir trotzdem auch bei den Nachwuchs-Events entsprechend scoren und Medaillen sammeln.“

…. disziplinäre Verfehlungen: „Ja, es gab Vorfälle. Was mir gefallen hat: Wir sind sehr transparent und schnell damit umgegangen. Die Stimmung in allen Teams – von den Junioren bis hin zum Olympia-Team – ist richtig gut. Ein bisschen Aufregung gehört in einer Kampfsportart schon dazu…“


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