9. Juli 2020

„Ich werde die Judofamilie sehr vermissen!“

Das erste Interview mit Kathrin Unterwurzacher im Judo-Ruhestand nützt die 28-jährige Tirolerin zum ausführlichen Danke-Sagen. Tränen fließen keine mehr. „Ich hatte lange genug Zeit, um die Entscheidung zu verarbeiten. Und es gab keine Alternative! Mein Körper, im Besonderen meine beiden Knie, haben in den letzten zwei Jahren einfach zu viel abbekommen.“

Bei Deiner Abschluss-Pressekonferenz blieben Tränen aus. Warum warst Du doch verhältnismäßig gefasst?

Kathrin Unterwurzacher: „Die Entscheidung passierte schleichend. Mir ist immer öfter aufgefallen, dass das alles keinen Sinn mehr macht. Bei leichten judospezifischen Bewegungen hat mein Knie schon ausgesetzt, die notwendige Stabilität war einfach nicht mehr gegeben. Als das IOC die Olympischen Spiele in Tokio wegen COVID-19 um ein Jahr verschoben hat, ist für mich regelrecht eine Welt zusammengebrochen. Mittlerweile bin ich gefasster. Ich weiß, dass es die richtige Entscheidung war. Seit Mitte März ist genügend Zeit vergangen, meine Tränen sind getrocknet.“

Wer waren die ersten, die Du über den Rücktritt informiert hast?

Unterwurzacher: „Trainingspartnerin Bernadette Graf und Coach Martin Scherwitzl haben alles hautnah mitbekommen. Sie waren bei jedem Training dabei, als ich immer wieder vorzeitig abbrechen musste, weil das Knie gestreikt hat. Ihnen war schnell klar, dass ein Weitermachen in dieser Form sinnlos ist. Bei jedem (Trainings-) Wurf schwang die Angst mit, dass das Knie nicht hält.“

Du bist punkto Grand-Slam- und Grand-Prix-Siege die erfolgreichste ÖJV-Kämpferin, hast 2 EM-Medaillen zu Hause, warst 2016 bei Olympia in Rio Siebente…. Wenn Du wählen müsstest: Was waren Deine allerschönsten Momente?

Unterwurzacher: „Der Grand-Slam-Sieg in Tokio vor 14.000 Zuschauern, im Judo-Mekka Nippon Budokan. Das war für mich unglaublich: Ich habe zwei Japanerinnen besiegt und bekam von den Fans trotzdem Standing Ovations. Ähnlich schön waren die zwei EM-Medaillen. Olympia war für mich der vielleicht größte Traum. Den habe ich mir in Rio erfüllt, auch wenn mir die ersehnte Medaille versagt geblieben ist. Jetzt hoffe ich auf Berni, dass sie in Tokio Edelmetall holt!“

 Wer hat aller Anteil an Deinen zahlreichen Erfolgen?

Unterwurzacher: „Es gibt unglaublich viele, denen ich Danke sagen muss. Der größte Dank gebührt meiner Familie, die von Anfang an – seit 1999 – dabei war und mich, egal ob bei Sieg oder Niederlage, immer zu 100 Prozent unterstützt hat. Danke an den ÖJV und meine Nationaltrainer für die jahrelange professionelle Unterstützung und das Österreichische Bundesheer, das mir neun Jahre die Möglichkeit geboten hat, den Judosport top-professionell ausüben zu können. Ein besonderer Dank gilt meinen Nationalteam-Kolleginnen Bernadette Graf und Sabrina Filzmoser für ihren Support  sie haben mich bei Turnieren motiviert, nach Niederlagen getröstet. Danke auch an das Olympia-Zentrum Tirol, meine Phyios und Ärzte, Ernährungswissenschaftler Uwe von Renteln. Ich könnte noch länger Namen aufzählen…. Ja, ich werde die Judo-Familie sehr vermissen.“

Aber Du wirst ja dem Judo verbunden bleiben, sagt Judozentrum Innsbruck-Obmann Martin Scherwitzl. Stimmt das?

Unterwurzacher: „Ich werde ganz sicher dem Klub treu bleiben und im Hintergrund mitarbeiten. In welche Richtung ich mich beruflich entwickle, da möchte ich noch nichts verraten. Ich habe ein paar Ideen, werde mir mit meiner Entscheidung aber bewusst lange Zeit lassen. So ein Schritt muss wohl überlegt sein.“


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